Kategorie:  Chor / Vokal , Orgel / Sacred Music

Ein chorsinfonischer Zyklus nach WILLIAM BLAKE (1757 - 1827), dem brillanten Universalgenie, Dichter, Maler, Kupferstecher und Philosoph - der im Gegensatz zum Rationalismus der Aufklärung den Wert von Ekstase, Intuition und Visionen mehr Kraft zusprach, als der Vernunft. Von den Zeitgenossen unverstanden wurde er vor allem im 20. Jh. entdeckt, etwa von W.B. Yeats, den "Beat Poets" rund um A. Ginsberg, Filmemachern und vielen modernen Literaten. - Siehe auch die website-Infos zur CD (2015) FIRE OF INNOCENCE

Sätze: DAS FEUER DER UNSCHULD IN DUNKLER WELT. Sinfonisches Gedicht für Soli, Chor und Orgel (nach Texten von William Blake 1757 – 1827)
Sätze:
1: EPIGRAPH / EPIGRAPH (1:20)
2: INFANT SORROW / KINDLICHES LEID (4:10)
3: INFANT JOY / KINDLICHE FREUDE (3:10)
4: INTERLUDIUM I für Orgel (2:00)
5: THE BLOSSOM / DIE BLÜTE (1:50)
6: SPRING / FRÜHLING (4:10)
7: INTERLUDIUM II für Orgel (1:40)
8: THE SICK ROSE / DIE KRANKE ROSE (2:40)
9: ETERNITY / EWIGKEIT (3:00)

Dauer: 29 Minuten

Notenausgabe: Schott-Music , 2012

Besetzung: Solistenquintett : Countertenor (oder Frauenstimme), Tenor 1+2, Bass 1+2
Männerchor: Tenor 1+2, Bass 1+2
Symphonische Orgel (mind. 3 Mauanle)

Soloinstrumente: Orgel

Textdichter: William Blake 1757-1827), deutsche Übersetzung: Enjott Schneider

Vorwort: PROGRAMM-NOTIZ:
WLLIAM BLAKE (in London am 28. November 1757 geboren und am 12. August 1827 gestorben) war ein geniales Universalgenie, - Dichter, Maler, Kupferstecher, Philosoph – der im Rationalismus der Aufklärung die Anbetung von Ekstase, Energie, Intuition und Imagination über alle Vernunft stellte. Schon als Kind wurde er von einer Vision des Propheten Hesekiel inspiriert, er baute sich einen kreativen Kosmos aus Mythen, widerstreitenden Kräften und tabulosen psychischen Bildern. Von seinen Zeitgenossen unverstanden wurde er erst zu Beginn und in den 60er Jahren des XX. Jahrhunderts wiederentdeckt, von W.B. Yeats, den „Beat Poets“ um A. Ginsberg, von Filmemachern und vielen modernen Dichtern.

Widmung: Für Christian M. Schmidt,
......dem „SINGPHONIKER“-Kopf zum Dank für eine 30jährige Freundschaft

Anmerkungen: DIE TEXTE:
(englisches Original: William Blake, deutsch von Enjott Schneider

Satz 1: EPIGRAPH / EPIGRAPH
To see a World in an Grain of Sand
And a Heaven in a Wild Flower,
Hold Infinity in the palm of your hand
And Eternity in an hour.
Die Welt in einem Sandkorn sehn / und den Himmel in einer wilden Blume / halte die Unendlichkeit in einer Hand / und erkenne die Ewigkeit in einer Stunde.
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Satz 2: INFANT SORROW / KINDLICHES LEID
My mother groan’d! my father wept
Into the dangerous world I leapt:
Helpless, naked, piping loud:
Like a fiend hid in a cloud.
Die Mutter schrie! Mein Vater weinte / und ich kroch hinaus in die gefährliche Welt / Hilflos, nackt und laut wimmernd / wie ein Unhold in der Wolke versteckt.
Struggling in my father’s hand
Striving against my swadling bands,
Bound and weary I thought best
To sulk upon my mother’s breast.
In meines Vaters Hand strampelnd / gegen meine Windeln kämpfend / gebunden und erschöpft hielt ich es für das Beste / mich an Mutters Brust zu schmollen.
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Satz 3: INFANT JOY / KINDLICHE FREUDE
„I have no name:
I am but two days old.“
What shall I call thee?
„I happy am,
Joy is my name.“
Sweet joy befall thee!
„Ich habe keinen Namen / bin erst zwei Tage alt. „ / Wie soll ich dich rufen? / „Ich bin glücklich / Freude ist mein Name.“ / Süße Freude soll dich überkommen!
Pretty joy!
Sweet joy, but two days old,
Sweet joy I call thee:
Thou dost smile,
I sing the while,
Sweet joy befall thee!
Schöne Freude! / Süße, nur zwei Tage alte Freude / Süße Freude ruf ich Dich: / Lächle du / derweil ich singe / Süße Freude soll dich überkommen.
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Satz 4: INTERLUDIUM I für Orgel
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Satz 5: THE BLOSSOM / DIE BLÜTE
Merry, Merry Sparrow!
Under leaves so green
A happy Blossom
Sees you swift as arrow
Seek your cradle narrow
Near my Bosom.
Froher, froher Sperling! / Unter Blättern so grün / eine glückliche Blüte / sieht dich schnell wie ein Pfeil / deinen Schlupfwinkel aufsuchen / nah an meinem Busen.
Pretty, Pretty Robin!
Under leaves so green
A happy Blossom
Hears you sobbing, sobbing,
Pretty, Pretty Robin,
Near my Bosom.
Hübsches, hübsches Rotkehlchen / Unter Blättern so grün / eine glückliche Blüte / hört dich Schluchzen, Schluchzen / nah an meinem Busen.
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Satz 6: SPRING / FRÜHLING
Sound the Flute!
Now it’s mute.
Birds delight
Day and Night;
Nightingale
In the dale, Lark in Sky,
Merrily,
Merrily, Merrily, to welcome in the year.
Lasst die Flöte erklingen! / Jetzt ist es still. / Das Vergnügen der Vögel / Tag und Nacht / Nachtigal im Tale / Lerche am Himmel / Seid fröhlich, fröhlich / das Jahr zu begrüßen.
Little Boy,
Full of joy;
Little Girl,
Sweet and small;
Cock does crow,
So do you;
Merry voice,
Infant noise,
Merrily, Merrily, to welcome in the year.
Kleiner Junge / voller Freude / Kleines Mädchen / süß und niedlich / Es kräht der Hahn / so auch du / mit fröhlicher Stimme / und Kinderschall / fröhlich, fröhlich / das Jahr zu begrüßen.
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Satz 7: INTERLUDIUM II für Orgel
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Satz 8: THE SICK ROSE / DIE KRANKE ROSE
O rose, thou art sick!
The invisible worm
That flies in the night,
in the howling storm,
O Rose, die du krank bist! / Der unsichtbare Wurm / der durch die Nacht fliegt / im heulenden Sturm
Has found out they bed
Of crimson joy,
And his dark secret love
Does thy life destroy.
Hat draussen sein Bett gefunden / aus blutroter Freude / und seine dunkle, heimliche Liebe, / zerstört dein Leben.
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Satz 9: ETERNITY / EWIGKEIT
He who binds to himself a joy
Does the winged life destroy;
But he who kisses the joy as it flies
Lives in eternity’s sun rise.
Wer eine Freude an sich fesselt / zerstört beflügeltes Leben, / Wer aber die Freude im Fluge küsst, / lebt in ewigem Aufgang der Sonne.


Anmerkungen zur Ausführung:
Generell sind unter „Percussion“ Schlaginstrumente notiert, die vom Solistenquintett (aber auch ad libitum von Tutti-Männerchor) gespielt werden können: Zimbeln, Klangschalen, Glocken, Triangel, Metallstangen als archaisches „Ritualgeläute“, das noch von tiefen Fellinstrumenten gestützt werden kann. Der eigenen Klangphantasie der Interpreten sollen keine Grenzen gesetzt werden.
Gleiches gilt für die Klangphantasie des Organisten: da jede Orgel und jeder Raum seine eigenen Gesetzmäßigkeiten hat, können unter Einhaltung der Dynamik und des Charakters (dunkel, hell, misterioso, con energia....) eigene Registerzusammenstellungen genommen werden. Wichtig ist eine organische-fließende Mischung der Stimmen, keine grellen und schreiende Register. Bei einer vier- und mehrmanualigen Orgel können reichere Farbschattierungen registriert werden.
1: EPIGRAPH / EPIGRAPH
Der Satz beginnt dunkel und unheimlich/misteriose mit einem tiefen, lang ausklingenden Schlagwerkakzent „like the bells of hell“. Die Orgel ist analog dunkel und fremdartig registriert, worauf in T. 8 dann die helle Triolenbewegung einsetzt („Feuer“-Figur, mindestens im Tempo Viertel = 150. In T. 57 setzt das Solistenquintett mit einem auf „z-g-z-g“ skandierten Sechzehntelmuster ein, das polyrhythmisch mit den Orgeltriolen grooven soll. Ende mit einem leise aushauchenden „sch“ des Solistenquintetts.
2: INFANT SORROW / KINDLICHES LEID
Als Kontrast zum ruhigen „misterioso“ der Orgel ist das „più vivo“ des Solistenquintetts in T.8ff sehr prägnant und rhythmisch zu nehmen, geräuschhaft mit viel Konsonanten und im Ausdruck Geheimnis- und Angstvoll. Das “Allegro“ in T.25ff. wird von einem Orgelpattern zusammengehalten, das sehr markant und aggressiv klingen soll (möglichst mit 16’). Falls die Ansprache zu weich ist, kann das Pedal stützend zu Hilfe genommen werden. Im Formteil „Nervoso“ (mit streng durchlaufenden Achtelbewegungen) soll in den drei Klanggruppen (Solisten kontra Tutti kontra die 5/8-Bewegung der Orgel) die Polyrhythmik deutlich erarbeitet werden.
3: INFANT JOY / KINDLICHE FREUDE
Das Begleitmuster der Vokalsolisten „uiuiuiui“ soll so zart und flächig klingen, wie ein „con sordino“ spielendes Streichorchester. Darüber singt der Männerchor (oft einstimmig, fast gregorianisch frei) sotto voce seine Linien „very secretely“ Lediglich zu dem zweimaligen Höhepunkt des „Sweet joy befall thee!“ im forte mit einem breiten, vollen Klang führt ein expressives Crescendo
4: INTERLUDIUM I für Orgel
Grundstimmung ist eine Dynamik zwischen mf und pp. Neben tiefen, streicherartigen Akkorden (viele 8’ können gekoppelt werden), ist das helle Glitzern der 32tel in der rechten Hand charakteristisch: „glittering like little diamonds“. Der tiefe Pedalton F bleibt am Ende liegen und geht unmittelbar verbinden zum 5. Satz über.

5: THE BLOSSOM / DIE BLÜTE
Grundsätzlich alles freudig, hell, lächelnd, mit virtuoser schneller Sprachgebung: Mundakrobatik bei den schnellen 16teln. Die Orgel spielt in den Schlußklang der Stimmen ein accelerando-rallentando auf e3, - wie ein fröhlich piepsender Vogel!
6: SPRING / FRÜHLING
Den „Frühling“ durchzieht eine quirlige, nicht endende und sehr durchgehend zu interpretierende Achtelbewegung, - trickreich in diversen metrischen Gruppierungen komponiert. In T.25ff. beginnt dann eine frühlingshafte Atmosphäre mit „Pfeifen/Whistling“ im Solistenquartett, und Vogel-Imitationen von drei Bass-Solisten des Männerchores (jeder imitiert pfeifend im eigenen Tempo Vogelzwitschern, auch Glucken und Schnalzen mit der Zunge). Nach einem sehr emotionalen und poetischen Zwischenteil in barbershop-harmonies setzt in T.66 die zweite Strophe ein. Hier sollen dann bei Buchstabe D (T.81ff) die Vogelimitationen nicht mehr so dominant sein, da der Gedichttext mehr von Knabe und Mädchen als von Vögeln handelt. Bei Buchstabe E setzt ein großes Crescendo ein und führt zum fortissimo des „to welcome in the year!“ als der lautesten Stelle des ganzen Zyklus. Im starken Schlussakkord der Orgel sollen alle Sänger wie angegeben jubilieren, Flüstern, Vogelstimmen-Pfeifen. Alle Percussionsspieler führen hier einen tumultös-freudigen Frühlingsklang auf.
7: INTERLUDIUM II für Orgel
Der Beginn sehr frei und poetisch-reflektierend. Die 32tel-Bewegung wiederum leise glitzernd.
8: THE SICK ROSE / DIE KRANKE ROSE
Der Satz lebt sehr vom Kontrast des tonalen Beginns (eine altertümliche Passacaglia) mit dem mädchenhaften Rosen-Solo des Countertenors, und freitonalen, farbigen Passagen ab T.10: vor allem die Cluster in Halbtönen (T. 15, 18, 21, 26, 29) sollen sehr fremd und ätherisch klingen. Genaue Tonhöhen sind in diesen Clustern nicht unbedingt Bedingung, es kann auch Vierteltonabweichungen etc. geben.
9: ETERNITY / EWIGKEIT
Nimmt die Stimmung und Gestik des 1. Satzes wieder auf. Wiederum mit einem archaischen Schlagzeug-Geläute. Das Ende „Calmo“ mit seinen Quintharmonien sehr ruhig und klangsinnlich ausmusizieren. Der Schlußklang T. 80ff. ist wiederum ein Cluster, bei dem die Genauigkeit der einzelnen Tonhöhen unwesentlich ist: ein schillerndes Klangband, zu dem der Organist ein ca. 40sekündiges Decrescendo seiner Triolenfigut /Viertel = 160) zelebriert: Eternity!

Uraufführung:  01.04.2012, Taipei/Taiwan: National Concert Hall

Uraufführung Interpreten: 12. April 2012 Taipei National Concert Hall mit den SINGPHONIKERN und dem TAIPEI MALE CHOIR, Berno Scharpf (Orgel)

Tonträger:  CPO Bestell-Nr. 7683809,  2015

Tonträger Interpreten: CD THROUGH DARKNESS TO THE LIGHT. Werke für Männerstimmen, Vokalensemble DIE SINGPHONIKER, TAIPEI MEN CHOIR, with Berno Scharpf (organ), conducted: Nieh Yen-Hsiang