Kategorie:  Orgel / Sacred Music

Diese 16. Orgelsinfonie widmet sich MARTIN LUTHER. Als Mann des Geistes und der in die Moderne weisenden Aufklärung blieb Vieles bei ihm in mittelalterlich-gotischem Dunkel. Ein Mensch zwischen Gott und Teufel, dem er in nahezu einem Aberglaube verbunden blieb. Von seiner Mutter scheint er eine lebenslange Angst vor Hexen, schwarzen Raben und Dämonen übernommen zu haben. Ein Mensch, der zwischen stiller mystischer Tiefe und bisweilen zu radikaler Impulsivität neigender Unerschrockenheit (verbunden mit Streitsucht und Rechthaberei) oszillierte. Ein Mensch, der feinstofflichen Idealismus und abstrakt zu Ende gedachte Theorie mit zupackendem, und auch die einfachen Leute fesselnden Pragmatismus zu verbinden wusste. - Die 16. Sinfonie wurde Johannes Quack gewidmet, der sie 2016 in Köln/Trinitatiskirche uraufführte.

Sätze: 1: „Wir glauben all an einen Gott“
2: Luthers „Rose“
3: „Mitten wir im Leben sind“
4: Perpetuum Mobile: „Gott helfe mir. Amen“
5: Finale „Ein feste Burg“

Dauer: 24 Minuten

Notenausgabe: Schott Music , Edition 22668 , 2016

Besetzung: Große Orgel mit mindestens 3 Manualen und Pedal

Vorwort: Uraufführung:
27. Oktober 2016 in der Trinitatiskirche Köln mit Johannes Quack (Orgel)

Vorwort:

Leben und Werk Martin Luthers scheinen recht bekannt und erforscht zu sein. Dennoch ist die immense Lebensleistung dieser Person von Rätseln und Widersprüchen durchzogen: als Mann des Geistes und der in die Moderne weisenden Aufklärung blieb Vieles bei ihm in mittelalterlich-gotischem Dunkel. Ein Mensch zwischen Gott und Teufel, dem er in nahezu einem Aberglaube verbunden blieb. Von seiner Mutter scheint er eine lebenslange Angst vor Hexen, schwarzen Raben und Dämonen übernommen zu haben. Ein Mensch, der zwischen stiller mystischer Tiefe und bisweilen zu radikaler Impulsivität neigender Unerschrockenheit (verbunden mit Streitsucht und Rechthaberei) oszillierte. Ein Mensch, der feinstofflichen Idealismus und abstrakt zu Ende gedachte Theorie mit zupackendem, und auch die einfachen Leute fesselnden Pragmatismus zu verbinden wusste. In fünf Sätzen wird ine Annäherung an Martin Luther versucht:
1: „Wir glauben all an einen Gott“ zeigt sich mit dem quintolenartigen Anfang sehr gregorianisch und skizziert die Spannweite der lutherischen Emotionalität zwischen Mittelalter und Neuzeit. Die Irrationalität des „Glaubens“ hat letztlich Priorität vor allem Denken und Beweisen. Zu Beginn des Satzes wird mit hölzernem Klopfgeräusch an das Anschlagen der 95 Thesen an die Wittenberger Kirchentüre erinnert. Zum Teil vesteckt sich die Choralmelodie in einem fast derben mittelalterlichen Saltarello, - auf Luthers Robustheit und Vitalität verweisend, mit denen er vor allem auch die einfachen Leute mitzureißen wusste.
2: Vom sächsischen Kurprinzen erhielt Luther 1530 auf der Coburg den goldenen Siegelring mit der „Lutherrose“, die zum Sinnbild für seine Gnadentheologie wurde. In der für die Rose typischen Fünfblättrigkeit ist ein weißes Herz mit schwarzem Kreuz eingefasst. „Weiß“ ist für ihn Farbe der Engel und der Geister; „schwarz“ steht für den Schmerz der Kreuzigung: „Der Gerechte wird durch den Glauben leben, aber durch den Glauben an das Kreuz“. Da als übergeordnete Symbolik aber Rose und Herz dominieren, zeigt sich hier, wie die katholische Marienfrömmigkeit zeitlebens ein Ingredienz der lutherischen Spiritualität blieb. Analog zur dominanten Fünferstruktur der Rose ist dieser Satz weitgehend in der schwebenden und poesievollen Rhythmik eines 5/8-Taktes komponiert.
3: Zum Wesen des damaligen Weltbildes gehört die Allgegenwärtigkeit von Tod und Sterben, - angefangen von Pest, Kriegen bis zu den nie endenden Gefahren des Alltags. Daraus resultierten Ängste, die sich – etwa in den Bildern von Hieronymus Bosch – ins Groteske steigern konnten. Der „Totentanz“ war ein beliebtes Motiv jener Jahre. Luthers Choral „Mitten wir im Leben sind / mit dem Tod umfangen“ von 1524 (Erfurter „Enchiridion“) basiert auf dem etwa um 750 in Frankreich entstandenen gregorianischen „Media vita in morte summus“ und inspirierte mit seinem Vergänglichkeitsgedanken zu einem holzschnittartigen Gestus.
4: Jenes berühmte auf dem Wormser Reichstag 1521 geäußerte Bekenntnis „Ich kann nicht anders / hier stehe ich / Gott helfe mir / Amen“ ist nicht Luthers Wortlaut, sondern die später als Flugblatt-text zugespitzte Version. Es repräsentiert dennoch plakativ die Geradlinigkeit und Zwangsläufigkeit seiner Mission. Musikalisch wurde daraus ein „Perpetuum Mobile“, - also ein hartnäckiger, ostinater und nie enden wollender musikalischer Gestus.
5: Die „Feste Burg“ ist wiederum eines der großen Sinnbilder Martin Luthers, das mit seinem leuchtenden C-Dur wie kein anderes Lied den protestantischen Gedanken und Eigenwillen der Reformation verkörpert. Heinrich Heine bezeichnete es als „Marseiller Hymne der Reformation“, Friedrich Engels als „Marseillaise der Bauernkriege“. Diese Streitbarkeit wird hier nicht zu Ende gedacht sondern eher gebrochen: mit einer jubilierenden „Vogelstimmenversion“ der Melodie zeigt das Finale eine eher kammermusikalisch Seite.... der „Freiheitsgedanke des Christenmenschen“.

Widmung: Johannes Quack (Köln) herzlich gewidmet

Uraufführung:  27.10.2016, Trinitatiskirche Köln

Uraufführung Interpreten: in der Trinitatiskirche Köln mit Johannes Quack (Orgel)

Uraufführung Presseberichte: Kölner Stadtanzeiger vom 3.11.2016: ORGELSINFONIE ZU EHREN LUTHERS: "Das halbstündige, fünfsätzige Orgelwerk spannt einen Bogen von der Gregorianik über Luther-Choräle bis zur Musik von heute. Auch Legenden erzählt Schneider sinnfällig. So symbolisiert heftiges Klopfen den Thesen-Anschlag an der Wittenberger Kirchentür 1517. Vor allem aber schildert das Werk einen Menschen "zwischen Gott und Teufel", Selbstsicherheit und Angst... Für Widersprüche in Luthers Wesen fand er prägnante Formen und Gesten"