Kategorie:  Chor / Vokal , Orgel / Sacred Music

Sätze: 1: Sinfonia: Rosa Canina
2: Die Lehren des Waldes
3: „Höre nach innen!“
4: Das Gesetz der Liebe
5: Liebe ist sich selbst genug
6: Flammend & Maßlos: Unio Mystica
7: Tod des Bernhard von Clairvaux
8: „Stark wie der Tod!“

Dauer: 33 Minuten

Notenausgabe: Strube Verlag München , Partitur, Klavierauszug, Orchestermaterial als VS 6774 , 2013

Besetzung: Sopran- und Tenor-Solo, gemischter Chor
2 Flöten (2. auch Picc.) / Oboe / Englischhorn /2 Klarinetten (2. auch Baßkl.) / 2 Fagotte
4 Hörner / 3 Posaunen (TTB) - Harfe
Pauke,
Schlagzeug 1: Große Trommel, kleine Trommel, 3 hängende Becken (klein/mittel/groß), Metall Chimes, 4 (ungestimmte) Zimbeln, Gegenschlagbecken, Triangel (klein)
Schlagzeug 2: Tamtam, Glockenspiel, 3 woodblocks, Claves (hell)
großes Streichorchester (mind. 10-8-6-5-4)

Textdichter: Bernhard von Clairvaux (übersetzt von Bernardin Schellenberger)

Vorwort: Die Texte:
(Deutsche Übersetzung von Bernardin Schellenberger)

1: Sinfonia: Rosa Canina
Die fünf Blütenblätter der Hundsrose (auch Dornrose, Wildrose, Hagebutte, Hainrose) verkörpern für Bernhard von Clairvaux die fünf Kreuzwunden. „Rosa Canina“ ist Symbol der Christusmystik. Die „Fünf“ steht in der Zahlensymbolik aller Mythen, Märchen und Kulturen für „Liebe“: etwa die jährliche 5er-Bewegung des Planeten Venus und die damit verbundene Fünferstruktur der venusabhängigen Pflanzen wie Quitte, Weinstock, Rose (die weltweit als Symbole der Liebe und Hochzeit gelten).

2: Die Lehren des Waldes
Experto crede: aliquid amplius invenies in silvis quam in libris. Ligna et lapides docebunt te, quod a magistris audire non possis. (um 1125 an den engl. Scholaren Henry Murdec in Epistolae 106,2) - Glaub dem Erfahrenen: Viel Wichtigeres als in den Büchern findest du in den Wäldern. Bäume und Steine lehren dich, was du von Lehrern nie vernimmst.

3: „Höre nach innen!“
Applica intus auditum, reflecte oculos cordis, et proprio disces experimento quid agatur. (Ad Clericos de Conversione III,4) - Horche nach innen, reiß deines Herzens Augen auf. So lernst du alles Wichtige aus eigener Erfahrung.

A te tua consideratio inchoet. Quid tibi prodest si universum mundum lucreris, te unum perdens. (De Consideratione II.III.6) - Beim Nachdenken fange mit dir selber an. Was hilft es dir, wenn du die ganze Welt gewinnst, dabei jedoch dich selbst verlierst?

4: Das Gesetz der Liebe
Lex est ergo, et lex Domini caritas… quod utique nec novum nec insolitum est, dicente Joanne: DEUS CARITAS EST (1. Joh 4,16)… Haec est lex aeterna, creatrix et gubernatrix universitatis. (Epistolae. 11,4) - Ein Gesetz ist die Liebe also, und zwar ein Gesetz des Herrn… Das ist nichts Neues, Unerhörtes, sagt doch Johannes: GOTT IST DIE LIEBE... Das ist das ewige Gesetz, die Schöpferin und Lenkerin des Universums.
(1. Joh. 4,7:) Carissimi diligamus invicem quoniam caritas ex Deo est et omnis qui diligit ex Deo natus est et cognoscit Deum. - Jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. Die Verse 7-21 im 4. Kapitel des 1. Johannes-Briefs sind für die Religiosität des Bernhard von zentraler Bedeutung.
Deus meus, Deus meus: Ordinavit in me caritatem (aus der 2. Predigt über das Hohelied der Liebe:). - Mein Gott, mein Gott: Er ordnete in mir die Liebe.

5: Liebe ist sich selbst genug
Amor sibi abundat; amor, ubi venerit, ceteros in se omnes traducit et captivat affectus. Propterea quae amat, amat, et aliud novit nihil. (aus der 83. Predigt über das Hohelied der Liebe:) - Die Liebe ist sich selbst genug. Wo sie einzieht, reißt sie alles andere Empfinden an sich, ja nimmt es ganz gefangen. Dann kann die Seele nichts anderes mehr lieben.

Caritas affectus est, non contractus ; nec acquiritur pacto, nec acquirit. Sponte afficit, et spontaneum facit. (De diligendo Deo VII, 17:) - Die Liebe ist eine Herzensregung, kein Vernunftvertrag. Sie lässt sich nicht im Kauf erwerben und sie erwirbt auch nichts durch Kauf. Spontan erfasst sie einen, spontan wird, wen sie treibt.

6: Flammend & Maßlos: Unio Mystica
(aus der 67. Predigt über das Hohelied der Liebe:) Sic flagrans ac vehemens amor, praesertim divinus, cum se intra se cohibere non valet, non attendit quo ordine, qua lege, quave serie seu paucitate verborum ebulliat, … solis ad hoc contentus suspiriis. (Sup. Cant. 67,3)
- Eine derart lichterloh brennende, heftige Liebe kann nicht an sich halten, zumal sie göttlich ist. Sie achtet weder Ordnung noch Gesetz noch Reihenfolge oder Sparsamkeit der Worte. Sie sprudelt einfach los. Ihr genügt es, stammelnd zu seufzen.

(De diligendo Deo I,1:) Vultis ergo a me audire quare et quo modo diligendus sit Deus. Et ego: Causa diligendi Deum, Deus est; modus, sine modo diligere. - Ihr wollt also von mir wissen, warum und wie ihr Gott lieben sollt. Und ich sage euch: Der Grund, Gott zu lieben, ist Gott; das Maß, ihn zu lieben, ist die Maßlosigkeit.

O amor sanctus et castus! O dulcis et suavis affectio! … Sic affici, deificari est. (Dil. X,28)
O heilige und lautere Liebe! O süßes, köstliches Liebesverlangen! Derart gepackt zu werden, heißt vergöttlicht werden.


7: Tod des Bernhard von Clairvaux
(Aus dem letzten Brief an Ernald, Abt von Bonneval vom Sterbebett:) Spiritus promptus est in carne infirma. Orate Salvatorem…, ut tempestivum iam exitum non differat, sed custodiat. (Epistolae 310) - Mein Geist ist bereit im schwachen Fleisch. Betet zu unserem Erlöser, dass er meinen Heimgang nicht aufschiebe, sondern gut begleite.

Bernhards Tod im Morgen des 20. August 1153 war ein öffentlicher Tod im Kreise seiner Vertrauten, die durch den Klang der Holztafel und vier rituelle Glockenschläge hinzugerufen wurden. Demut, Geduld und Liebe waren die Themen seiner letzten Worte. Seine Seele verließ ihn unter den Psalmen der Mönche. Man gab ihm ein Pergament mit ins Grab, mit jenem Vers des Hohenlieds der Liebe, über das er zeitlebens am meisten meditierte:
Fasciculus myrrhae dilectus meus mihi, inter ubera mea commorabitur (Hohelied 1,12).
- Ein Myrrhenbüschel ist mir mein Geliebter, das zwischen meinen Brüsten ruht.

Erinnernder Kommentar des Abt Isaak von Stella (1147-1178) mit den rätselhaften Worten: Cunctis et amore terribilis et terrore amabilis – Allen war er schrecklich aus Liebe und liebenswert aus Schrecken.

8: „Stark wie der Tod!“
Quia fortis est ut mors dilectio, dura sicut infernus aemulatio, lampades eius lampades ignis atque flammarum. Aquae multae non potuerunt exstinguere caritatem nec flumina obruent illam (Canticum Canticorum 8, 6-7). - Stark wie der Tod ist die Liebe, unerbittlich wie die Hölle ihr Drängen. Ihre Feuer lodern und flammen. Noch so viele Wasserfluten können die Liebe nicht löschen, keine Flüsse ihr den Weg versperren
(Hohelied der Liebe 8,6-7).


Widmung: Dem Uraufführungsdirigenten GMD Prof. Ulf Schirmer herzlich gewidmet

Anmerkungen: Kompositionsauftrag des Bayerischen Rundfunks für die Konzertreihe PARADISI GLORIA

Uraufführung:  17.01.2014, Herz-Jesu Kirche München

Uraufführung Interpreten:  3. Konzert „Aletheia“
der BR-Konzertreihe „Paradisi Gloria“,
mit: Sophia Christine Brommer (Sopran), Ralf Simon (Tenor), Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester (Einstudierung Markus Landerer), Ltg.: Ulf Schirmer

Uraufführung Presseberichte: Die Münchner Herz Jesu Kirche (im 21. Jahrtausend von den Architekten Allmann Sattler Wappner vollendet) ist ein Kunstwerk von explosiver Modernität, - eine Freude, dass mein Oratorium dort seine Uraufführung haben wird.