Kategorie:  Symphonie / Orchester

MACHINE WORLDS thematisiert den "MYTHOS MASCHINE": die Gewalt des Maschinenhaften hat längst den Menschen erfasst und unterdrückt. Das lebendige Leben mit organischer Irregularität und frei pulsierendem Atem ist vom mechanischen Maschinen-Takt und dem Zustand des starren Programmiert-Seins zurückgedrängt worden. Die Maschine ist zum Gegenspieler des Menschlichen geworden.... und hier wehrt sich ein einsamer Schlagzeug-Solist gegen ein maschinenhaftes Orchester.... mit Materialien vom Schrottplatz.

Sätze: 1: THE MACHINE
2: GOTHAM CAVE
3: TINGUELY - THE FREEDOM OF MOTION

Dauer: 25 Minuten

Notenausgabe: Ries&Erler Musikverlag Berlin (Leihmaterial/on hire) , 2018

Besetzung: Solo-Percussion (Scrap Metal)
+
Orchester-Besetzung:
2 Flöten (2. auch Piccolo)
2 Oboen (2. auch Englischhorn)
Bassklarinette
2 Fagotte
3 Hörner
2 Trompeten
3 Posaunen (T T B)
Pauke
Schlagzeug 1+2
Großes Streichorchester
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Instrumente der Orchesterschlagzeuger:
1:bassdrum, crashmetal, snare, crotales, bucket (Metalldose), Metallstück (hell), Triangel, Röhrenglocke, Metal Guiro, 2 handgroße Kieselsteine (Gegenschlag), Peitsche,
2:snare, 3 suspended cymbals, Tamtam, Glockenspiel, bucket (Metalldose), Triangel, Claves, 2 handgroße Kieselsteine (Gegenschlag), tiefer Gong auf F (ad lib), Tomtom, gr. Gegenschlagbecken (ad lib), 2 Kochtopfdeckel

Vorwort: MACHINE WORLDS.
Concerto for Scrap Metal & Orchestra
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Die Maschine ist ein ursprünglich vom Menschen geschaffenes Werkzeug, künstliche Vorrichtung, ein Gerät mit Teilen, die von einem Antriebsystem bewegt werden. Längst haben Maschinen aber Komplexitäten und Dimensionen erreicht, die sie zum Gegenspieler des Menschen werden ließen. Bleibt der Mensch als Lebendiges und Organisches noch im Zusammenhang der Natur, so repräsentieren Maschine & Mechanik (dann auch Automaten und Roboter) zunehmend das Leblose, Anorganische und Tote: Die Maschine als seelenloser Alptraum. Diese Dialektik von „Mensch-Maschine“, hat neben Filmen wie „Batman-Gotham City“ oder „Metropolis“ vor allem auch die Bildenden Kunst phantasmagorisch inspiriert, - von Duchamp, HR Giger bis zu Jean Tinguely und seinen Maschinenskulpturen.
Die Komposition MACHINE WORLDS ist für ein Schlagzeug-Setup komponiert, das vor allem aus weggeworfene Materialien von Schrottplatz und Sperrmüll besteht.

Widmung: ...dem Percussionisten Stefan Blum herzlich gewidmet

Anmerkungen: Zum ästhetischen Hintergrund von Jean Tinguely:

Zur Ästhetik von Jean Tinguely:
Trotz allem kosmopolitischen Gestus (er war ja viel in Paris und durch die Heirat mit Niki de Saint Phalle sehr mit den USA verbunden) war Tinguely mit der Stadt Basel liiert, wo vor einigen Jahren (an der Rheinpromenade gegenüber dem Basler Münster) das Tinguely-Museum architektonisch bemerkenswert gebaut wurde. Da ich selbst in Weil am Rhein geboren bin (etwa 300 Meter von der schweizerischen und 300 Meter von der französischen Grenze entfernt) und kulturell sozusagen in Basel aufwuchs, bin ich schon in der Jugend von seiner polarisierenden Ästhetik – zwischen Schrottplatz und Kunst, zwischen Trivialität und Artifizialität…. aber immer provokativ und immer in Bewegung („Stillstand gibt es nicht!“, 1959) – sehr beeinflusst worden.
Wer je in Basel einmal Zeit hat, der mag sich dort im Museum die monströsen seltsamen und völlig sinnlosen Maschinen anschauen und anhören: aus Schrottmaterialien zusammengebastelt, teils furchterregend groß und laut, teils zum Lachen lustig oder witzig, grotesk und absurd und immer voller Überraschungen: wenn’s irgendwo knarrt, weiß man nicht, wo es als nächstes rattert! Manche kennen Tinguely Maschinen auch aus anderen Museen und oder aus internationalen Parks und öffentlichen Plätzen wie etwa dem „Tarot Garden“ von Niki de Saint-Phalle in der Toscana oder dem Picasso-Brunnen hinter dem Centre Pompidou in Paris….

Tinguely-Zitate:
Tinguely: „Ich versuche den Technikrausch in unserer fröhlichen Industriewelt zu konzentrieren. Ich will dies durch ein etwas verzweifeltes Mittel zum Ausdruck bringen, eine Maschine – wie Sisyphos, festgefahren, garantiert sinnlos.“

Diese zwecklosen Maschinen, pendelnd zwischen spielerischem Witz und bedrohlicher Aggressivität, spiegeln einerseits Tinguelys Technikbegeisterung wieder, andererseits ironisieren sie die moderne Industriewelt wie auch den Kunstbetrieb durch ihre absurde Lächerlichkeit und Sinnlosigkeit.

Tinguely: „…dass ich häufig mit Ramsch arbeite, ich setzte dabei die Geschwindigkeiten, die Gefühle, die Psychologie zusammen!“

Über die Beziehung des Menschen zur Maschine ist in Philosophie und Literatur viel diskutiert worden. So ist die Maschine im Sinne La Mettrie’s (Philosoph und Arzt des 18. Jh.) nicht die Lösung der Frage nach der menschlichen Existenz, sondern deren Rätsel selbst. Die Maschine reserviert den Platz eines Mangels, der darin besteht, dass der Mensch letztlich niemals erkunden wird, was und wie er ist. „Wer weiß übrigens“ – so fragt er – „ob der Sinn der Existenz des Menschen nicht in seiner Existenz selbst liegt?“

Uraufführung:  15.01.2018, Augsburg Kongress am Park, Gögginger Str. 10

Uraufführung Interpreten: Stefan Blum (Percussion Solo) und die Augsburger Philharmoniker, Leitung: Domonkos Héja