Kategorie:  Kammermusik , Orgel / Sacred Music

Sätze: I: PROLOGO
II: MAESTOSO CON VEEMENZA
III: ALLEGRO CON PRECISIONE
IV: FAMELICO
V: AMOROSO
VI: EPILOGO

Dauer: 14 Minuten

Besetzung: Sopran (Tenor)
Violine, Viola, Violoncello und Klavier

Textdichter: Urheberwahrnehmungsgesetz / Verteilungsplan der GEMA und diverse Aphorismen aus 3 Jahrtausenden zum Thema "Geld"

Vorwort: Kunst und Geld sind ein unauflösbarer Antagonismus, wie es der Aphoristiker und Philosoph Sigbert Latzel in Oft bauten Künstler wegen Geld zum Gelde eine Gegenwelt humorvoll formulierte. Freiheit und schwereloser Himmelsflug von Phantasie und Kunst dürfen kategorisch nicht an die funktionalen Niederungen des Geld-Wesens gefesselt sein. Schon die Bibel berichtet, daß Jesus die Geld-Krämer aus dem Tempel vertrieb und formuliert im Lukas-Evangelium 16.13 Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon; Torquato Tasso (1544-1595) bemerkte knapp Wo die Münzen klingeln, schweigt der Philosoph. Dennoch wollen Künstler – die in ihrem Schaffen sich wesenhaft um Nähe zum göttlichen Funken des Einfalls bemühen – leben und Überleben: dazu braucht es in unserem Gesellschaftssystem leider das „Geld“.
Richard Strauss, verkörperte diese Dialektik von Kunst und Geld in prominenter Weise. Als weltweit anerkannter und erfolgreicher Genius des Komponierens genierte er sich nicht, auch die finanziellen Aspekte des Künstlertums zu thematisieren und gehörte vor über Hundert Jahren zu den wichtigsten Gründungsvätern der GEMA. Sein Librettist Hugo von Hofmannsthal, dessen Des Teufels Netzwerk in der Welt hat nur den einen Namen – „Geld“ aus seinem Jedermann im Prolog und Epilog dieses Werkes die Umrahmung gibt, hat sich zeitlebens mit der Dialektik von „Geld“ auseinandergesetzt. „Hat das Geld die Kraft, sich an die Stelle Gottes zu setzen?“, so fragte sich Hofmannsthal im Vortrag Die Idee Europa als einer bisweilen wortwörtlichen Auseinandersetzung mit Georg Simmels (1858-1918) zentralem Werk Philosophie des Geldes (1900). In seinem Vortrag Der Dichter und diese Zeit von 1906 charakterisiert Hofmannsthal den Künstler (in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen seines großen Balsac-Essays) als Gegenfigur zum Geld, mit dem er doch gewisse Züge teilt und auf das er doch immer bezogen bleibt. Das belegt die Identität Hofmannsthalscher Sätze wie „Durch das Geld kommt alles mit allem zusammen“ und „Die Dichter führen alle Dinge zusammen“.
Aus der Sensibiltät solcher Diskussionen ist also die Verwertungsgesellschaft GEMA entwachsen. In ihrem Kernstück eines solidarischen „Verteilungsplans“ – längst zu einem Monstrum an Paragraphen- und Fußnotenreichtum vergrößert – läßt sich immer wieder diese unauflösbare Dialektik von Geld und Kunst wiederfinden. Man kann ernsthaft und juristisch darauf reagieren, - oder aber mit Heiterkeit und Ironie. Letzteres macht die vorliegende Auftragskomposition DIE KUNST DES VERTEILENS, indem sie Passagen aus dem Vertelungsplan sowie dem deutschen Urhebergesetz mit Aphorismen und geistvollen Kommentaren zum Thema „Geld“ verbindet.

Die Texte:

Satz I:
Des Teufels Netzwerk in der Welt hat nur den einen Namen – „Geld“.
(Hugo von Hofmannsthal 1874-1929 im Bühnenwerk Jedermann.

Satz II:
§ 1. Die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst genießen für ihre Werke Schutz nach Maßgabe dieses Gesetzes.
§ 11. Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes. (aus dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – UrhG)
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Von allen Waren dieser niedrigen Welt ist die Gerechtigkeit unbestritten die teuerste.
(Honoré de Balsac 1799-1850 in Gesetzbuch für anständige Menschen)

Satz III:
Aus § 8 Abschnitt X: Werden Werke oder Werkfragmente in den Sparten E und R als Pausen- und Vorlaufmusik, Einleitungs-, Zwischen- und Schlussmusik, Titel- und Erkennungsmusiken aufgeführt oder regelmäßig wiederkehrend, d.h. mindestens an 5 aufeinanderfolgenden Tagen oder wöchentlich einmal in 7 aufeinanderfolgenden Wochen gesendet, so werden solche Aufführungen bzw. Sendungen ab Geschäftsjahr 1996 mit einem Drittel verrechnet, in der Sparte R ab Geschäftsjahr 1999: über 5.000 Minuten mit einem Sechstel, über 10.000 Minuten mit einem Zehntel (jeweils nach Abschnitt V Ziff.3 gewichtete Minuten)
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Des Menschen Geist und Blut ist ietzund Gut und Geld; wer diß nicht hat, der ist ein Todter in der Welt (Friedrich Logau 1605-1655 in der Sammlung Desz. 1. Tausend 4. Hundert)

Satz IV:
Abschnitt XV „Tonfilmverrechnungsschlüssel“, 2: Die Aufführungszahl des Films wird mit seiner Gesamtsekundenzahl multipliziert. 3: Die so errechneten Musiksekundenziffern aller Filme werden addiert und die zur Verteilung stehende Summe durch die Gesamtsekundenzahl aller Filme dividiert und somit der Wert jeder einzelnen Musiksekunde festgestellt.
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Eher wird es Katzen hageln und Morcheln schneien, bevor die Grundsätze der Gerechtigkeit bei einem Geschlecht Eingang findet, das auf dem Gelde sitz wie eine Kröte auf dem Mist. (Johann Heinrich Pestalozzi 1746-1827)

Satz V:
Wertungsverfahren der Komponisten in der Sparte E § 3 Abschnitt II: Voraussetzungen für die Zuwendungen an den Ehegatten ist, dass a) die Ehe mindestens 3 Monate bestanden hat, im Falle der Eheschließung nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Mitglieds mit einem um 20 Jahre jüngeren Ehegatten die Ehe mindestens 10 Jahre, mit einem weniger als als 20 Jahre jüngeren Ehegatten die Ehe mindestens 5 Jahre bestanden hat.
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Kompt Kunst gegangen vor ein Haus, Man sagt der Wirth sey gangen aus; Kompt Weisheit auch gegangen für, So ist verschlossen ihr die Thür....Kompt aber Pfennig geloffen, sind Thür und Tor ihm allzeit offen. (Georg Neumark 1621-1681 Dichter und Komponist von Kirchenliedern wie z.B. Wer nur den lieben Gott läßt walten)

Satz VI:
Des Teufels Netzwerk in der Welt hat nur den einen Namen – „Geld“.
(Hugo von Hofmannsthal 1874-1929 im Bühnenwerk Jedermann)
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Oft bauten Künstler wegen Geld zum Gelde eine Gegenwelt (Sigbert Latzel *1931 in Mit dem Kopf geschüttelt. Schüttelreim-Epigramme)

(Alle Texte, wenn keine andere Quelle angegeben, stammen aus dem Verteilungsplan der GEMA, Fassung im Jahrbuch 2013/2014 mit freundlicher Genehmigung der GEMA)

Widmung: Dem großen Vorbild Richard Strauss in Verehrung gewidmet

Anmerkungen: Das Werk ist eine Auftragskomposition des Tonkünstlerverbandes Bayern E.V. für ein Gesprächskonzert Musik trifft Politik: Geistiges Eigentum. Richard Strauss, das Urheberrecht um 1900 und heute. Dafür danke ich dem Verband und seinem Vorsitzenden Dr. Franzpeter Messmer, der sich mit Richard Strauss. Biographie eines Klangzauberers als profunder Kenner dieser Jahre ausgewiesen hat.

Uraufführung:  06.11.2014, München Carl-Orff-Zentrum

Uraufführung Interpreten: Uraufführung mit Ute Ziemer (Sopran), Sreten Krstič (Violine), Wolfgang Berg (Viola), Stephan Haack (Violoncello) und Michaela Pühn (Klavier)